Smart Home für Senioren - dadurch länger unabhängig bleiben?

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Innovative Technologien für das Alter: Digitalisierung und Trends
  3. Integration von Technologie in die häusliche Lebenssituation –  Kurz: Ambient Assistance Living bzw. Active Assistance Living (AAL)
    3.1. Was ist AAL?
    3.2. Was ist das Ziel von AAL?
    3.3. Einsatzgebiete von AAL
    3.4. Gesundheit
        3.4.1. Sturzsensoren
                  Welche Faktoren erhöhen das Sturzrisiko?
                  Wie können Sturzsensoren technisch unterschieden werden?

                  Nachfolgend einige Beispiele von Sturzsensoren. Wie sicher funktionieren 
                  diese? Bleibt die Privatsphäre gewahrt (Vayyar Home, Livy Care, ..)?

        3. Wohnraum
        3.3.2. Mobilität
      3.4. Gesundheit
         3.4.1. Sturzsensoren
        3.3.4. Häusliches Wohnen
        3.3.5. Kommunikation
        3.3.6. Information und Bildung, Unterhaltung

  4. Assistenzsysteme für Senioren
    4.1. 
  5. Förderung der Zugänglichkeit für alle
    • Notwendige Rahmenbedingungen für eine breite Nutzung
    • Chancen und Herausforderungen bei der Implementierung
  6. Schlussfolgerung und Ausblick
    • Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse
    • Zukunftsperspektiven und Potenziale der Digitalisierung im Alter

1. Einleitung

In einer Gesellschaft, die zunehmend altert und mit wachsenden Herausforderungen konfrontiert ist, sollten wir entschlossen die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Bisher haben ältere Menschen zu Hause kaum von den Vorteilen der Digitalisierung profitiert, obwohl Smart-Home-Lösungen gerade für diese Altersgruppe von großem Nutzen sein können.

Smart-Home-Systeme können dazu beitragen, dass ältere Menschen länger unabhängig in ihren eigenen vier Wänden leben können. Dadurch wird möglicherweise ein Umzug in Pflegeeinrichtungen später oder im besten Fall überhaupt nicht notwendig. Der oft als belastend empfundene Schritt, die vertraute Umgebung zu verlassen, kann so vermieden werden. Gerade im Alter gewinnen die eigenen vier Wände an Bedeutung, und viele ältere Menschen möchten möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung bleiben, auch wenn sich erste gesundheitliche Probleme zeigen und die Unterstützungsbedürftigkeit steigt.

Auch die häusliche Pflege kann von intelligenten Systemen erheblich profitieren. Obwohl technologische Lösungen allein nicht die Antwort auf den Mangel an Pflegepersonal und finanziellen Ressourcen sind, können sie den Pflegediensten dabei helfen, ihre knappen Ressourcen effizienter für die älteren Menschen einzusetzen.

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen im Bereich des intelligenten Wohnens im Alter und zeigt auf, was bereits technisch möglich ist. Durch konkrete Praxisbeispiele soll angeregt werden, das Leben im Alter für sich selbst, die Eltern und Großeltern sicherer, komfortabler und selbstbestimmter zu gestalten – und das alles in den eigenen vertrauten vier Wänden. Zudem werden die Rahmenbedingungen aufgezeigt, die geschaffen werden müssen, damit diese Möglichkeiten für alle zugänglich werden

2. Innovative Technologien für das Alter: Digitalisierung und Trends

Ältere Menschen leben zunehmend häufig allein. Veränderungen innerhalb von Familienstrukturen bedeuten oft, dass Angehörige nicht in der Lage sind, sich um ihre älteren Verwandten zu kümmern. Dies kann daran liegen, dass sie entfernt wohnen oder durch berufliche und andere familiäre Verpflichtungen stark eingeschränkt sind. Trotzdem sind alternative Wohnformen wie betreutes Wohnen, Pflegeheime oder Seniorenresidenzen für Menschen ab 65 Jahren eher die Ausnahme (laut BMVBS 2011 wohnen 93 Prozent in herkömmlichen Wohnungen). Auch wenn viele dieser Personen noch keinen unmittelbaren Pflegebedarf haben, tauchen Fragen zur Wohnsituation auf: Wie kann eine Person im Notfall Hilfe erhalten? Wie wird eine kritische Situation erkannt, in der die Person möglicherweise nicht mehr in der Lage ist, um Hilfe zu bitten? Und wie können potenzielle Gefahren in der eigenen Wohnung minimiert werden, ohne dabei die Selbstbestimmung und Privatsphäre der Person einzuschränken? Es steht außer Frage: Die Mehrheit bevorzugt es klar, durch digitale Lösungen unterstützt in den eigenen vier Wänden zu bleiben und nicht in ein Pflegeheim ziehen zu müssen.

Mehrheit will digitales Zuhause anstatt des Pflegeheims
Quelle: bitkom.org

In einer zunehmend digitalisierten Welt bieten künstliche Intelligenz (KI) und digitale Sprachassistenten neue Möglichkeiten, um das Leben älterer Menschen zu erleichtern und ihre Selbstständigkeit zu fördern. Senioren können von dieser Technologie profitieren, da sie eine intuitive und benutzerfreundliche Möglichkeit bietet, um auf Informationen zuzugreifen, Aufgaben zu erledigen und mit anderen zu interagieren.

Digitale Sprachassistenten wie Amazon Alexa, Google Assistant und Apple’s Siri ermöglichen es älteren Menschen, per Sprachbefehl verschiedene Aufgaben auszuführen, wie beispielsweise das Abfragen von Wetterinformationen, das Abspielen von Musik, das Erstellen von Erinnerungen oder das Stellen von Fragen zu einem breiten Themenspektrum. Diese Assistenzsysteme sind besonders vorteilhaft für Senioren mit eingeschränkter Mobilität oder Sehbehinderungen, da sie eine barrierefreie Interaktion bieten und keine komplizierten Benutzeroberflächen erfordern.

Darüber hinaus können digitale Sprachassistenten in Verbindung mit Smart-Home-Technologien das Leben älterer Menschen sicherer und komfortabler gestalten. Sie können beispielsweise dabei helfen, die Beleuchtung, die Raumtemperatur oder die Sicherheitssysteme im Haus zu steuern, ohne dass die Senioren dazu physisch aktiv werden müssen. Im Falle eines Sturzes oder einer anderen Notfallsituation können diese Assistenten auch automatisch Hilfe rufen oder vordefinierte Kontaktpersonen benachrichtigen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Rolle von KI in der Gesundheitsversorgung älterer Menschen. Durch die Analyse von Gesundheitsdaten und das Erkennen von Mustern können KI-Systeme dazu beitragen, frühzeitig potenzielle gesundheitliche Probleme zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Dies kann die Lebensqualität verbessern und dazu beitragen, Krankenhausaufenthalte zu reduzieren.

Trotz der vielen Vorteile von KI und digitalen Sprachassistenten für Senioren gibt es jedoch auch Herausforderungen zu bewältigen, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz, Sicherheit und die Fähigkeit älterer Menschen, mit dieser Technologie umzugehen. Es ist wichtig, Schulungs- und Unterstützungsprogramme anzubieten, um sicherzustellen, dass ältere Menschen die volle Bandbreite der Möglichkeiten nutzen können, die diese Technologien bieten, während gleichzeitig ihre Privatsphäre und Sicherheit geschützt werden.

Insgesamt können KI und digitale Sprachassistenten einen bedeutenden Beitrag dazu leisten, das Leben älterer Menschen zu verbessern, indem sie ihnen mehr Unabhängigkeit, Sicherheit und Unterstützung im Alltag bieten. Es ist entscheidend, dass diese Technologien weiterentwickelt und zugänglicher gemacht werden, um die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung bestmöglich zu erfüllen.

Die steigende Technikkompetenz und das zunehmende Interesse älterer Menschen an digitalen Lösungen führen zu einer einfacheren Nutzung, wie sich unter anderem in der wachsenden Anzahl von Smartphone-Nutzern in der Altersgruppe über 65 Jahren zeigt. Im Jahr 2016 nutzte nur etwa ein Viertel der über 65-Jährigen ein Smartphone, während dieser Anteil heute auf immerhin 45 Prozent angestiegen ist. Besonders deutlich ist der Anstieg der Smartphone-Nutzung bei den jüngeren Senioren zwischen 65 und 74 Jahren, von denen bereits knapp zwei Drittel (64 Prozent) ein Smartphone verwenden.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass für digitales altersgerechtes Wohnen nicht unbedingt ein Smartphone erforderlich ist. Um die Akzeptanz und Nutzung digitaler Lösungen zu fördern, ist eine begleitende Aufklärung entscheidend. Viele ältere Menschen wünschen sich persönliche Unterstützung, beispielsweise durch Begleitpersonen, um digitale Technologien besser zu nutzen. Auch Erprobungsräume, in denen sie neue Technologien kennenlernen können, erfreuen sich großer Beliebtheit.

Großer Wunsch nach Begleitpersonen und Schulungen
Quelle: Bitkom.org

In den letzten Jahren hat die Entwicklung von Smart Home-Technologien einen bemerkenswerten Aufschwung erlebt. Die steigende Nachfrage nach vernetzten und automatisierten Lösungen für den Wohnbereich hat zu einer Vielzahl innovativer Produkte und Systeme geführt, die das Leben der Menschen komfortabler, sicherer und effizienter gestalten.

3. Integration von Technologie in die häusliche Lebenssituation -  Kurz: Ambient Assistance Living bzw. Active Assistance Living (AAL)

3.1. Was ist AAL?

Vor etwa 20 Jahren wurde der Begriff „AAL“ eingeführt, um technische Lösungen zu beschreiben, die nicht direkt am Körper getragen werden, sondern in der häuslichen Umgebung installiert sind. Mit dem weit verbreiteten Einsatz von Smartphones in unserem Alltag ist diese Definition jedoch nicht mehr zeitgemäß. Heutzutage steht „AAL“ für „Ambient Assisted Living“ oder „Active Assisted Living“. Diese Abkürzung bezeichnet assistive Lösungen, die darauf abzielen, ein gesundes und selbstbestimmtes Leben in allen Lebensphasen zu ermöglichen. AAL umfasst sowohl technologische als auch soziale Innovationen, die unseren Alltag situationsabhängig und unauffällig unterstützen sollen, um die Lebensqualität zu verbessern.

Der Begriff AAL entstand vor allem durch Förderprogramme der europäischen und nationalen Politik, die sich auf die Entwicklung technischer Unterstützungssysteme für ältere Menschen konzentrierten. Seit 2008 werden Projekte im Rahmen von AAL, was für „altersgerechte Assistenzsysteme für ein gesundes und unabhängiges Leben“ steht, gefördert.

Die Politik reagiert mit der Unterstützung von AAL-Technologien insbesondere auf die zunehmende Anzahl älterer Menschen, die Pflege benötigen, sowie auf den Mangel an Pflegefachkräften und unzureichende Pflegeeinrichtungen. AAL-Technologien werden als wichtiger Beitrag gesehen, um diesen Herausforderungen zu begegnen.

Ursprünglich lag der Fokus der Förderprogramme auf älteren Menschen, aber seit 2012 wurden auch Angehörige und professionelle Pflegekräfte einbezogen. Seit 2016 wird gezielt die Entwicklung von künstlicher Intelligenz im Rahmen der AAL-Initiativen gefördert.

3.2. Was ist das Ziel von AAL?

Die Förderung und Entwicklung von AAL-Technologien verfolgt das zentrale Ziel, älteren Menschen eine eigenständige Lebensführung in ihren eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Dieses Ziel ist von großer Bedeutung für die Alten- und Sozialpolitik. Es geht darum sicherzustellen, dass ältere Menschen trotz zunehmendem Pflegebedarf möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können.

Die politischen Zielsetzungen im Rahmen von AAL umfassen hauptsächlich:

  • Förderung von sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe
  • Erhaltung der Autonomie und Selbstständigkeit
  • Vermeidung eines frühen Umzugs in Pflegeeinrichtungen
  • Gewährleistung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung
  • Förderung von Fähigkeiten zur Selbstsorge und Selbstversorgung
  • Reduzierung des Pflegebedarfs
  • Prävention von Schäden und Unfällen
  • Unterstützung individueller Mobilität
  • Hilfe für medizinisches und pflegerisches Personal
  • Entlastung von pflegenden Angehörigen und Pflegekräften
  • Bereitstellung von Wissen, Information und Freizeitmöglichkeiten

Diese Ziele stehen im Mittelpunkt der AAL-Initiativen und dienen dazu, älteren Menschen ein möglichst selbstbestimmtes und erfülltes Leben in ihrem Zuhause zu ermöglichen. 

3.3. Einsatzgebiete von AAL

AAL-Technologien werden entwickelt, um verschiedene Aspekte des Lebens im Alter zu unterstützen und zu verbessern. Ein wichtiges Merkmal dieser Technologien ist ihre Fähigkeit zur digitalen Vernetzung, die oft mit Begriffen wie „Smarte Technologien“ oder „Smart Home“ verbunden ist. Die Anwendungsbereiche und Einsatzmöglichkeiten lassen sich wie folgt gliedern:

3.1. Wohnraum

Sicherheitstechnologien, wie z.B. Herdüberwachung und Rauchmelder, SmartHome-Technologien, wie z.B. eine Fernsteuerung von Licht, Heizung und Belüftung, Haushalts- und Serviceroboter

3.2. Mobilität

Tracking- und Monitoringsysteme zur Überwachung und Kontrolle von Bewegungsprofilen und Vitalparametern, Navigationssysteme, Bewegungstraining, technische Mobilitätshilfen, wie z.B. elektrische Rollstühle, teilassistiertes bis autonomes Fahren

3.4. Gesundheit

3.4.1. Sturzsonsoren

Telemedizin, Sturzerkennung, e-health (z.B. durch die elektronische Patient:innenakte), (m-health z.B. durch Fitnessarmbänder oder Fitnessuhren).

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko von Stürzen rapide an. Etwa ein Drittel aller Personen über 65 Jahren erleidet mindestens einmal im Jahr einen Sturz, während es bei den über 80-Jährigen sogar mehr als die Hälfte betrifft. Jeder Sturz birgt ein erhebliches Verletzungsrisiko mit potenziell langfristigen Folgen. Besonders ältere Menschen, die allein in ihrem Zuhause leben, sind gefährdet, im Falle eines Sturzes nicht sofort Hilfe rufen zu können. Sturzsensoren bieten hier eine Lösung und erhöhen deutlich die Sicherheit und Unabhängigkeit in den eigenen vier Wänden.

  • Sturzsensoren benachrichtigen im Falle eines Sturzes ausgewählte Notfallkontakte und gewährleisten eine schnelle Hilfe – auch, wenn die gestürzte Person nicht bei Bewusstsein ist.
  • Man unterscheidet bei den Sensoren Systeme für den Raum sowie Geräte, die am Körper getragen werden.
Welche Faktoren erhöhen das Sturzrisiko?

Ein Sturz ist nur selten die Folge eines Einzelrisikos. Oft spielen gleich mehrere Ursachen eine Rolle. Diese unterscheidet man nach intrinsischen und extrinsischen Faktoren.

körperliche Faktorenäußere Faktoren 
  • ·Muskelschwäche oder Gangstörung
  • Sehschwäche
  • Arthritis
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Vorerkrankungen wie Schlaganfall, Epilepsie, Multiple Sklerose oder Morbus Parkinson
  • Blutdruckschwankungen
  • Schwindel
  • Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten
  • Medikamenteneinnahme, z. B. von Schlaf- und Beruhigungsmitteln, Antidepressiva oder Psychopharmaka
  • Stolperfallen
  • nasse Böden
  • zu große / lange Bekleidung
  • schlecht sitzende Schuhe
  • fehlendes Licht
Welche Arten von Sturzsensoren gibt es?

Es existieren verschiedene Systeme, um Sicherheit in den eigenen vier Wänden zu gewährleisten. Dabei kann zwischen tragbaren Systemen und solchen, die in der Wohnung installiert werden, unterschieden werden.

a.) KI-basierte Sturzerkennung:
Sturzerkennungssysteme, die auf künstlicher Intelligenz basieren, überwachen einen Raum mithilfe von Sensoren, die mit oder ohne Kameras ausgestattet sein können. Sie registrieren die Bewegungen von Personen, um nicht nur Stürze zu erkennen, sondern auch andere Ereignisse wie das Verlassen des Zimmers während der Nacht. Diese Geräte sind einfach an der Wand oder Decke zu montieren und eignen sich sowohl für den privaten Gebrauch als auch für Pflegeeinrichtungen. Über ein Webinterface können Benutzer die Einstellungen anpassen und festlegen, welche Ereignisse gemeldet werden sollen.

Einige dieser Produkte verfügen über eine Freisprecheinrichtung und bieten zusätzliche Funktionen wie Sensoren zur Messung von Luftqualität, Luftfeuchtigkeit, Vibrationen, Geräuschen oder flüchtigen organischen Verbindungen. Sie können auch Erinnerungen für die Einnahme von Medikamenten oder Termine bereitstellen.

Um Stürze zuverlässig zu erkennen, müssen diese Geräte in jedem Raum installiert werden, was mit erheblichen Kosten verbunden sein kann. Außerdem sind sie auf den Einsatz im Innenbereich beschränkt, sodass andere Lösungen benötigt werden, wenn Personen die Wohnung verlassen.

b.) Sturzmelder mit GPS-Funktion:
Sturzmelder mit integriertem GPS funktionieren ähnlich wie klassische Notrufknöpfe und bieten eine Vielzahl von Funktionen. Die Sturzerkennung erfolgt mithilfe eines 3-D-Beschleunigungssensors. Neben dem Notrufknopf verfügen diese Produkte über eine SIM-Karte und bieten somit eine Telefonfunktion. Dadurch können die Träger genau geortet werden, was sie besonders für Personen mit Demenz geeignet macht. Es gibt verschiedene Modelle, von einfachen Varianten, die nur bei schweren Stürzen Alarm auslösen, bis hin zu Produkten mit einem zusätzlichen Lagealarm, der aktiviert wird, wenn eine Person länger als 30 Sekunden liegt.

Ähnliche Funktionen bieten auch Sturzmelder in Form von Uhren oder Seniorenhandys. Diese verfügen oft über eine integrierte SIM-Karte und bieten zusätzliche Unterhaltungsmöglichkeiten dank eines Android-Betriebssystems. Einige Modelle sind auch mit einem Schüttelalarm ausgestattet, was sie besonders für Menschen mit Epilepsie geeignet macht.

Ein Nachteil dieser Geräte ist jedoch die relativ hohe Fehlalarmrate, da sie unter Umständen auch bei starken Erschütterungen in der Tasche oder bei hektischen Bewegungen Alarm auslösen können. Außerdem müssen sie ständig mitgeführt und regelmäßig aufgeladen werden, was sie weniger geeignet für Menschen mit Demenz oder anderen kognitiven Beeinträchtigungen macht.

c.) Stutzsensoren im Boden:
Die Installation eines speziellen Bodens mit integrierten Sensoren bietet sich weniger für Nachrüstungen an, sondern ist eher bei Neubauten möglich. Diese Sensoren werden unter dem Bodenbelag verlegt und messen die normale Belastung, während Personen über den Fußboden gehen. Bei einer punktuellen Überbelastung, wie sie beispielsweise bei einem Sturz auftritt, lösen sie einen Alarm aus.

Eine einfachere Lösung sind spezielle Bodenmatten, die nach dem gleichen Prinzip funktionieren. Allerdings eignen sich diese nur für kleine Bereiche wie zum Beispiel vor dem Bett.

Es gibt auch erste Ansätze mit Sensoren im Schuhwerk. Diese funktionieren zwar gut, jedoch ist eine grundlegende Voraussetzung, dass die Person die Schuhe im Falle eines Sturzes trägt – was zu Hause eher selten der Fall ist.

Nachfolgend einige Beispiele von Sturzsensoren. Wie sicher funktionieren diese? Bleibt die Privatsphäre gewahrt?

a.) Vayyar-Home:
Der Sensor nutzt Hochfrequenz-Radar, um eine dreidimensionale Darstellung des Raums zu generieren, in dem er platziert ist. Diese Darstellung wird verwendet, um die Bewegungen von Personen zu überwachen und Stürze zu identifizieren.

Wenn der Fallsensor einen Sturz erfasst, wird automatisch eine Alarmmeldung an einen zuvor festgelegten Notfallkontakt gesendet. Dieser Kontakt kann dann entweder die betroffene Person anrufen oder über eine App mit ihr kommunizieren.

Das Gerät überwacht effektiv einen Bereich von bis zu 16 Quadratmetern und ist daher besonders gut für Schlaf- und Badezimmer in Seniorenwohnheimen geeignet.

Die Sturzerkennungsfunktion von Vayyar Home zeichnet sich durch präzise und zuverlässige Leistung in allen Lichtverhältnissen aus, sogar bei hoher Luftfeuchtigkeit, was Fehlalarme minimiert.

Es werden keine Kameras verwendet.

Im Internet wird das Produkt sehr unterschiedlich bewertet. Es finden sich dabei eine Reihe von Punkten, die bei der Aufstellung und Positionierung des Sensors zu beachten sind. Auch wird z.T. von Problemen und Schwierigkeiten bei der Integration in bestehende Systeme berichtet.
Anbei einige Beispiele, die es zu beachten gilt:

Vayyar Home 1
Quelle: Vayyar Home
Vayyar 2
Vayyar Home 3
Person nach einem Sturz hinter einem Metallobjekt
Vayyar Home 2
Spiegel reflektiert die Radorstrahlen
Vayyar Home 4
Keine horizontale Aussrichtung bei 1,5 m

Die oben in den Abbildungen fehlerhaften Einbausituationen führen zu Fehlfunktionen und müssen berücksichtigt werden.

b.) Livy Care:
Livy Care beschreibt sein Produkt,
als  Kombination von kamera- und radarbasierter Sturzerkennung. Es bietet eine Vielzahl von Vorteilen, insbesondere im Pflegekontext älterer Menschen.

Verbesserte Genauigkeit: Durch die Synergie beider Systeme wird eine höhere Genauigkeit der Sturzerkennung erzielt. Jedes System hat seine eigenen Stärken und Schwächen, sodass potenzielle Fehler des einen Systems durch das andere ausgeglichen werden können.

Reduzierung von Fehlalarmen: Die Verknüpfung von Kamera- und Radar-basierter Sturzerkennung hilft, falsche Alarme zu vermeiden. Beide Systeme müssen sich gegenseitig bestätigen, bevor ein Alarm ausgelöst wird.

Überwachung in verschiedenen Umgebungen: Die Kombination beider Systeme ermöglicht eine Überwachung sowohl bei guten als auch bei schlechten Lichtverhältnissen und bei Hindernissen. Die Livy Sensorstation kann an der Decke montiert werden und bietet ein uneingeschränktes Sichtfeld auf Personen – sowohl bei Tag als auch bei Nacht.

Maximale Genauigkeit bei Wahrung der Privatsphäre: Während der Datenschutz bei Radar bereits gewährleistet ist, kann die Verwendung von Kameras Datenschutzprobleme aufwerfen. Bei Livy werden die Bilddaten der Personen daher abstrahiert und bieten keinerlei Rückschlüsse auf die Person selbst. Auf diese Weise wird eine maximale Genauigkeit der Sturzerkennung erreicht, während gleichzeitig Datenschutz und Privatsphäre gewahrt bleiben.

Livy
Quelle: HUM Systems GmbH

Wie auf der Abbildung zu sehen ist, hat der Sensor eine Reihe von Funktionen. In ihm sind Mikrofone, Radar, Sonden für Luftqualität und eine Kamera verbaut. Der Sensor hat eine Vielzahl von Schnittstellen: WiFi, Bluetooth, LTE, Thread, Alexa, Google Assistant, MQTT, Siri etc.

Es muss sich jedoch jeder selber fragen, ob eine permanente Beobachtung über eine Kamera, auch wenn diese Bilder abstrahiert werden, gewollt und akzeptiert werden?

c.) GPS – Sturzsenor M-Guard:
Beschreibung des Herstellers:
Der M-GUARD PRO ist ein Notrufarmband für Senioren, das mit Sturzerkennung und einem integrierten Notfallknopf ausgestattet ist und speziell für ältere Menschen entwickelt wurde. Es kann am Handgelenk, am Gürtel oder um den Hals getragen werden.

Durch Betätigen des SOS-Knopfes oder im Falle eines Sturzes werden automatisch bis zu 10 zuvor im Gerät hinterlegte Kontakte nacheinander angerufen und per SMS über den genauen Standort informiert.

Dank des integrierten Lautsprechers und des hochwertigen Mikrofons kann der Träger direkt über das Armband kommunizieren. Um das Notrufarmband zu nutzen, ist eine SIM-Karte erforderlich. Diese kann frei gewählt werden (Prepaid oder Vertrag) und muss nicht über Internetfähigkeit verfügen. Die Kosten für ausgehende Telefonate und SMS entsprechen denen der Nutzung einer SIM-Karte in einem Handy.

M-Guard
Quelle: Paninon

3.4. Häusliches Wohnen

Hausnotrufsysteme, intelligente Pflegewagen, Pflegeakten, robotische Pflegeassistenzsystem

3.5. Kommunikation

Soziale Medien, Videotelefonie

3.6. Information und Bildung, Unterhaltung

Training und Stimulation durch Serious Games, vernetzte digitale Plattformen im Quartier und in der Nachbarschaft, Virtual & Augmented Reality, wie z.B. virtuelle Stadtrundgänge

4. Assistenzsysteme für Senioren

Wie im Bereich Smart Home gibt es auch bei Ambient Assisted Living (AAL) sowohl Komplettsysteme als auch eigenständige Einzellösungen. Komplettsysteme decken verschiedene Aspekte des altersgerechten Wohnens ab und können schrittweise erweitert werden. Ein Vorteil dieser modularen AAL-Systeme ist, dass sie von Angehörigen über eine zentrale App programmiert und überwacht werden können. Zudem vernetzen sich die Geräte bei Bedarf untereinander – beispielsweise wird der Weg zum Bad automatisch beleuchtet, wenn der Bewegungsmelder nach 20 Uhr Aktivität erkennt. In der Regel basiert das System auf einer Funk-Zentrale, die AAL-Geräte mit einem Smartphone oder Tablet verbindet.

4. Aktuelle Entwicklungen und kritische Perspektiven

Trotz umfangreicher Förderung und Forschungsbemühungen im Bereich AAL-Technologien bleibt ein breites Angebot marktreifer Produkte bisher aus. Laut Kricheldorff et al. (2022, S. 365) konnten die wirtschaftlichen Potenziale nicht voll ausgeschöpft werden und die Erwartungen wurden nicht erfüllt.

Dies liegt zum Teil an der komplexen Bedienung von AAL-Technologien, den hohen Anschaffungskosten und der oft fehlenden Finanzierung, beispielsweise durch Krankenkassen. Ebenso besteht eine mangelnde Akzeptanz seitens der Nutzer, insbesondere älterer Menschen (Hafezi 2019, S. 121). Ein zentrales Problem ist auch, dass die vorgegebenen Anwendungsbereiche oft nicht den Bedürfnissen älterer Menschen in ihrer Lebensrealität entsprechen (Endter 2020, S. 21).

Vor diesem Hintergrund äußert Endter (2020, S. 21) kritische Bedenken gegenüber dem Begriff „altersgerechte Assistenzsysteme“, da dieser bereits Annahmen über die Passung dieser Technologien zu den Bedürfnissen älterer Menschen impliziert. Ob dies tatsächlich der Fall ist, muss erst durch weitere wissenschaftliche und empirische Untersuchungen belegt werden.

Die aktuelle Forschungslage zu den Auswirkungen des Technologieeinsatzes auf das Leben älterer Menschen ist noch unzureichend (BMFSFJ 2020, S. 134). Es bleibt offen, ob technische Assistenzsysteme tatsächlich einen längeren Verbleib in den eigenen vier Wänden begünstigen können (Endter 2020, S. 29), und ob sie letztendlich zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen können, ist empirisch noch nicht gesichert (ebd., S. 246)

Quellenangaben
AAL Deutschland, 2016. Ambient Assisted Living [online]. Berlin: Ambient Assisted Living Deutschland [Zugriff am: 02.11.2022]. Verfügbar unter: http://www.aal-deutschland.de/europa/

Assadi, Galia und Arne Manzeschke, 2020. Wie kann ethische Orientierung in komplexen, digitalisierten Welten gelingen? In: Bruno Gransche und Arne Manzeschke. Hrsg. Das geteilte Ganze: Horizonte Integrierter Forschung für künftige Mensch-Technik-Verhältnisse. Wiesbaden: Springer Fachmedien. ISBN 978-3-658-26341-6

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), 2008. Selbstbestimmt Leben: Altersgerechte Assistenzsysteme für ein gesundes und unabhängiges Leben – AAL [online]. Bonn: BMBF [Zugriff am: 31.05.2022]. Verfügbar unter: https://www.bmbf.de/foerderungen/​bekanntmachung.php?B=337

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Hrsg., 2020. Achter Altersbericht: Ältere Menschen und Digitalisierung. Drucksache 19/21650. Berlin: BMFSFJ. Verfügbar unter: https://www.achter-altersbericht.de/bericht

Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG), 2016. Gero-Technologie: Ein Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie zum Thema Alter und Technik [online]. Berlin: DGGG [Zugriff am: 02.11.2022]. Verfügbar unter: https://www.dggg-online.de/files/dggg/downloads/fa/altertechnik/​201607_Positionspapier_Alter-und-Technik_DGGG.pdf

Endter, Cordula, 2020. Assistiert Altern: Die Entwicklung digitaler Technologien für und mit älteren Menschen. Wiesbaden: Springer VS. ISBN 978-3-658-34655-3

Hafezi, Walid, 2019. Alter und Technik. In: Tanja Grendel, Hrsg. Sozialisation und Soziale Arbeit: Studienbuch zu Theorie, Empirie und Praxis. Wiesbaden: Springer VS, S. 113–124. ISBN 978-3-658-25510-7

Kricheldorff, Cornelia, Müller, Claudia, Pelizäus, Helga und Hans-Werner Wahl, 2022. Kommerziell verfügbare digitale Technik im Alltag Älterer: ein Forschungsupdate. In: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie. 55, S. 365–367. ISSN 1435-1269. https://doi.org/10.1007/s00391-022-02091-x

United Nations; Department of Economic and Social Affairs; Population Division, 2019. World Population Prospects 2019: Highlights. Statistical Papers: United Nations (Ser. A), Population and Vital Statistics Report. New York: United Nations

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